TY - THES T1 - Untersuchungen zur Diskrepanz zwischen Nahrungsmitteldiversität und Ernährungsdiversität in Gemeinden der Shuar im Nangaritza-Tal, Südecuador A1 - Park,Martina Y1 - 2007/03/22 N2 - Ernährungsdiversdiät ist bereits seit längerem als Indikator für Ernährungssicherheit bekannt. Bei Besuchen der Shuar-Gemeinde Shaime im Nangaritza-Tal, Südecuador, zeigte sich, dass die Bewohner über eine ungewöhnlich hohe Diversität an Nahrungsmitteln aus verschiedenen Nahrungsmittelquellen verfügen. Traditionell bewirtschaften die Shuar Haus- und Waldgärten, jagen, fischen und sammeln essbare Waldprodukte wie Blattgemüse, Früchte, Palmherzen, Pilze, Insekten und andere Kleintiere. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden in einem dreimonatigen Feldaufenthalt die verfügbaren Nahrungsmittel in den 3 Untersuchungsgemeinden Shaime, Napints und Chumbias inventarisiert. Mit Hilfe strukturierter Interviews, 24-Stunden-Recalls und Food-Frequency-Questionnaires wurde die Ernährungsdiversität in 31 Familien erfasst und in verschiedenen Indizes ausgedrückt. Die anthropometrischen Daten aller in den Familien lebenden Kinder zwischen 6 Monaten und 8 Jahren wurden erhoben. Es konnte gezeigt werden, dass die Ernährung der Shuar in den Untersuchungsgemeinden hauptsächlich auf kohlenhydratreichen Anbauprodukten der Haus- und Waldgärten basiert. Der Anteil gesammelter unkultivierter Nahrungsmittel in der Ernährung war während des Untersuchungszeitraums gering. Als wichtigste Einweißquelle konnte Fisch identifiziert werden. Beim Fleischkonsum spielten Haustiere eine entscheidendere Rolle als erjagte Wildtiere. Aus dem relativ hohen Anteil gekaufter Nahrungsmittel in der Ernährung konnte geschlossen werden, dass die Shuar in der Untersuchungsregion die traditionelle Subsistenzwirtschaft zunehmend zugunsten einer marktwirtschaftlich orientierten Beschäftigung einschränken. Die Ernährungsdiversität in den untersuchten Familien ist im Durchschnitt geringer als beispielsweise in einer peruanischen Studienpopulation ermittelt wurde. Wegen der saisonalen Verfügbarkeit vieler essbarer Waldprodukte ist jedoch denkbar, dass eine Untersuchung zu einem anderen Zeitpunkt höhere Werte ergeben hätte. Auffällig war die geringe Diversität traditioneller Nahrungsmittel, die während des Untersuchungszeitraums verzehrt wurden. Häufig wurde der Ersatz traditioneller Nahrungsmittel durch zugekaufte stärkehaltige Produkte wie Reis und Nudeln beobachtet. Die geringere Nährstoffdichte vieler moderner Nahrungsmittel im Vergleich zu traditionellen, v.a. wilden Nahrungsmitteln lässt diese Entwicklung bedenklich erscheinen. Die Auswertung der anthropometrischen Daten zeigte, dass 75% der untersuchten Kinder im Vergleich zur Referenzpopulation des National Center for Health Statistics zu klein für ihr Alter (stunted) sind. Als mögliche Ursache werden Mikronährstoffmängel (v.a. Zink) und die massive Prävalenz intestinaler Parasiten diskutiert. Die Studie identifiziert wichtige Einflussfaktoren für Ernährungsdiversität. Faktoren wie die Abnahme der Artenvielfalt und Artendichte sowie die durch Transition und Akkulturation bedingten Kenntnisverluste für die Nutzung wilder Nahrungsmittel haben eine verringerte Verfügbarkeit traditioneller Nahrungsmittel zur Folge. Gleichzeitig verbessern die erweiterte Infrastruktur und die wachsende Zahl an Familien, denen Einkommen zur Verfügung steht, den Zugang zu modernen, käuflich erworbenen Nahrungsmitteln. Weitere die Ernährungsdiversität beeinflussende Faktoren bieten einen möglichen Ansatz zur Stabilisierung bzw. Verbesserung der Ernährungsdiversität: Die Konservierung traditionellen Wissens besonders in Bezug auf die Nutzung wilder Pflanzen und Tiere würde auch kommenden Generationen die Nutzung dieser Nahrungsmittelquellen ermöglichen. Als besonders kritisch stellte sich das Fürsorge-Verhalten von Eltern gegenüber Kleinkindern dar. Durch eine Förderung von Verhaltensweisen wie dem responsive feeding könnte die Ernährungsdiversität von Kleinkindern in Zukunft positiv beeinflusst werden. Die Studie gelangt zu dem Schluss, dass die abnehmende Verfügbarkeit traditioneller Nahrungsmittel und die zunehmende Akkulturation der Shuar eine Ernährungstransition in den Untersuchungsgemeinden zur Folge hat. Die Auswirkungen dieses Wandels auf die Ernährungsdiversität und den Ernährungsstatus sind dabei nicht zwangsläufig negativ. In naher Zukunft sind jedoch Maßnahmen zur Festigung und Erhöhung der Ernährungsdiversität sowie eine Verbesserung der sanitären Bedingungen und der Gesundheitsversorgung erforderlich, um den hohen Anteil an Kindern, deren Wachstum verzögert ist, langfristig zu senken. KW - Ernährung KW - Vielfalt KW - Ecuador KW - Ernährungsdiversität KW - Shuar CY - Gießen PB - Universitätsbibliothek AD - Otto-Behaghel-Str. 8, 35394 Gießen UR - http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2007/4518 ER -