TY - THES T1 - Vorurteile gegenüber Minderheiten in Deutschland : ausgewählte Erklärungsansätze und empirische Analysen repräsentativer Daten A1 - Heyder,Aribert Y1 - 2006/10/02 N2 - Diese Dissertationsschrift befasst sich mit der theoretischen Erklärung und empirischen Analyse, warum bestimmten gesellschaftlichen Minderheiten in Deutschland mit Vorurteilen vonseiten der deutschen Mehrheitsgesellschaft begegnet wird. Hierzu werden zwei in der Vorurteilsforschung zentrale Theorien herangezogen, die Theorie der Autoritären Persönlichkeit und die Soziale Dominanz Theorie und auf ihre Erklärungskraft im Hinblick auf Vorurteile und die verwandten Vorurteilskonzepte des Ethnozentrismus und des Syndroms Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF) empirisch untersucht. Aufgrund der im Kontext von Autoritarismus (Right-Wing Authoritarianism, RWA) und sozialer Dominanzorientierung (SDO) vorzufindenden Studien, welche fast ausschließlich studentische Stichproben verwenden, wird das Lebensalter in die Analysen einbezogen, um differenziertere Aussagen über die Zusammenhänge zwischen den Prädiktoren RWA bzw. SDO und Vorurteilen machen zu können. Da die Höhe der Schulbildung in der internationalen Vorurteilsforschung einen der stärksten Prädiktoren von Vorurteilen darstellt, diese jedoch meist nur als ‘demografische Variable’ fungiert, wird ein differenziertes Bildungskonzept vorgestellt. Dem im deutschen Kontext besonders intensiv analysierten und historisch betrachtet wohl ältesten Vorurteil Antisemitismus widmet sich ein eigener Beitrag. Alle verwendeten Daten stammen aus repräsentativen Umfragen der Jahre 1996, 2003 und 2004. Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen. Wie postuliert konnte fest gestellt werden, dass je niedriger das Schulbildungsniveau und je höher das Lebensalter ist, autoritäre wie auch ethnozentrische Sichtweisen zunehmen. Deskriptiv zeigte sich insgesamt, dass nur für die Items zum Antisemitismus und zur Ausländerdiskriminierung größere Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland bestanden. Antisemitische Ressentiments waren nach diesen Daten im Westen Deutschlands stärker verbreitet als im Osten. Tendenzen zur Ausländerdiskriminierung traten hingegen in Ostdeutschland häufiger auf als im Westen der Republik. Mit der Höhe der autoritären Einstellung nahm in beiden Teilen Deutschlands das Ausmaß des Ethnozentrismus zu. Dieser Zusammenhang war für den Westen etwas höher als für den Osten Deutschlands. Je stärker der Ethnozentrismus einer Person, desto ausgeprägter sind die Ausländerdiskriminierungstendenz, der Antisemitismus sowie der Nationalstolz. Die konzeptionelle Trennung zwischen SDO und RWA für die deutsche Stichprobe als auch für fünf Gruppen unterschiedlichen Alters konnte empirisch nachgewiesen werden. Die Korrelationen zwischen den beiden Konstrukten lagen in Deutschland jedoch bedeutend höher als in anderen Studien. Diese und weitere Befunde lassen sich als empirischer Nachweis von Unterschieden zwischen nordamerikanischen und europäischen Gesellschaften interpretieren, wie es bereits Duckitt formuliert hat. Ferner geht er davon aus, dass der Zusammenhang zwischen SDO und RWA mit der Höhe des Alters zunimmt, weil die Individuen im späten Adoleszenz- und frühen Erwachsenenalter politisch sozialisiert werden. Die vorliegende Studie kann diesen Alterseffekt und die damit verbundene Erklärung von Duckitt nicht bestätigen. Insgesamt bleibt bezüglich des vorgelegten Bildungskonzeptes festzuhalten, dass entgegen den theoretischen Annahmen die beiden Faktoren der Empathie und Perspektivenübernahme in keinem signifikanten Zusammenhang mit dem Bildungsniveau standen. Dies galt auch für die Leistungsorientierung. Mittlere bis höhere Koeffizienten zeigten sich für die Vorhersage von Konformität, kognitiven Fähigkeiten und sozialem Status. Mit Ausnahme der Perspektivenübernahme trugen alle Faktoren zur Erklärung verschiedener GMF-Einstellungen bei. Der Effekt der Schulbildung konnte durch die Einbeziehung der bildungsrelevanten Komponenten um bis zu 50 % reduziert werden. In der Studie über Antisemitismus konnte empirisch nachgewiesen werden, dass eine israelkritische Einstellung nicht zwangsläufig mit Antisemitismus gleichzusetzen ist. Wenn sich jedoch die Kritik an der Politik Israels z.B. antisemitischer Vorurteile bedient oder die Kritik auf Juden generell überträgt und damit Juden pauschal für die Politik Israels verantwortlich macht, ist diese auch als antisemitisch zu bezeichnen. Diese Formen von ‘Israelkritik’ standen in eindeutigem Zusammenhang mit klassischem Antisemitismus. KW - Autoritarismus KW - Soziale Dominanz KW - Vorurteile KW - Ethnozentrismus KW - Antisemitismus CY - Gießen PB - Universitätsbibliothek AD - Otto-Behaghel-Str. 8, 35394 Gießen UR - http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2006/3598 ER -